Die Stadt Wuppertal zeichnet sich durch eine vielschichtige Gedenktopografie aus. Diese Feststellung gilt schon für die Gedenklandschaft zum I. Weltkrieg. Neben Aachen gehört auch Wuppertal zu den Städten, die über ähnlich viele Denkmäler und Gedenktafeln zum I. Weltkrieg in der Stadt verfügt. Begünstigt sicherlich durch den Doppelkern Wuppertal-Barmen und Wuppertal-Elberfeld, so dass sich ein einfaches, zentralisiertes Gedenken nicht herausbildete, sondern eine sich verästelnde Struktur. Darüber hinaus ist diese I. WK-Denkmallandschaft bestens dokumentiert (vgl. Meyer-Kahrweg, Ruth, Denkmäler, Brunnen und Plastiken in Wuppertal, Wuppertal 1991. Ähnliches lässt sich für das Gedenken an die NS-Verfolgung und den Widerstand konstatieren, vgl. www.alte-synagoge-wuppertal.de/uploads/media/BAS_Gedenkstaetten_in_Wuppertal_02.pdf).

Die Gedenktopografie zu NS-Verfolgung und den Widerstand gegen die NS-Diktatur gestaltet sich sehr vielschichtig. Viele Themen der NS-Stadtgeschichte Wuppertals sind in den Mahnmalen gespiegelt. Eines der zentralen Themen ist sicherlich das KZ Kemna (zum Objekt), eines der so genannten frühen KZ. Es existierte von Juli 1933 bis Januar 1934. Ein weiterer Kern ist das Gedenken an die NS-Verfolgung der Juden, mit der „Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal“ (zum Objekt) als Zentrum. Am 9. November 1962 wurden an der Stelle der zerstörten Synagoge in der Genügsamkeitstraße und zeitgleich an der Stelle der früheren Synagoge in Wuppertal-Barmen identische Gedenktafel eingeweiht. 1988 erfolgte der Ratsbeschluss, auf dem Platz der Elberfelder Synagoge eine Gedenkstätte nach den Entwürfen der Kölner Architekten Busmann und Haberer zu errichten. 1994 wurde das Gelände eingeweiht. Seit 2011 dokumentiert eine Dauerausstellung jüdische Religion und Geschichte in Wuppertal und der Region. Kernaufgabe der Begegnungsstätte ist „die Erinnerung an das Schicksal der jüdischen Bevölkerung […], insbesondere zur Zeit des Nationalsozialismus, wachzuhalten und das geschichtliche Verständnis zu fördern.“ Eine ähnliche Einrichtung am authentischen Ort einer Synagoge in dieser Größenordnung findet sich im Rheinland nur noch in Essen.

Auch in Wuppertal, wie in sehr vielen anderen Städten des Rheinlandes, gibt es die STOLPERSTEINE des Künstlers Gunter Demnig, die auf einer städtischen Homepage dokumentiert sind. Diese Verortung wird ergänzt durch die vielen Straßennamen, die an lokale Widerstandskämpfer und NS-Verfolgte erinnern, wie etwa Eugen Rappoport oder Friedrich Senger, um nur zwei herauszugreifen.

Ein Schwerpunkt innerhalb der Gedenktopografie Wuppertals ist das Gedenken an den Verbandssekretär der Katholischen Arbeiterbewegung Bernhard Letterhaus, der im November 1944 hingerichtet wurde. Letterhaus ist in Wuppertal geboren und aufgewachsen. Dort, in der Tannenstr. 136, erinnert eine Gedenktafel an ihn (zum Objekt), auf dem Friedhof in der Schützenstraße steht ein Gedenkstein der Familie (zum Objekt), in St. Johann Baptist eine weitere Gedenktafel (zum Objekt), die katholische Hauptschule in der Carnaper Straße ist nach ihm benannt (in der Schule erinnern zahlreiche Gedenkobjekte an den Namensgeber, (zum Objekt)), an St. Antonius ist eine Figur der ersten Station des Kreuzweges ihm gewidmet (zum Objekt), in der Konrad-Adenauer-Straße steht ein Gedenkstein (zum Objekt) und es erinnert eine Bernhard-Letterhaus-Straße an ihn (zum Objekt). Nicht so vielschichtig wie für Bernhard Letterhaus sind die Gedenkobjekte für ein weiteres Mitglied des katholischen Widerstandes, Johannes Flintrop (er wurde wegen seiner kritischen Äußerungen mehrfach verhaftet und am 18. August 1942 im KZ Dachau umgebracht): ein Stolperstein und ein Gedenkstein auf dem Friedhof in der Schützstraße erinnern an ihn (zum Objekt).

Der militärische Widerstand erhält in Wuppertal ebenfalls eine Würdigung. Nach Generaloberst Hoepner, der zu der Gruppe des 20. Juli gehörte und am 8. August 1944 hingerichtet wurde, ist eine Kaserne benannt (zum Objekt) und ein Gedenkstein am 15. Dezember 1990 eingeweiht worden (zum Objekt). Ein weiterer Gedenksein steht auf dem Gelände der Sagan-Kaserne (zum Objekt). Hinzu kommt ein Erich-Hoepner-Ring in Wuppertal Ronsdorf. Diese Häufung ist überraschend, da Hoepners Beziehung zu Wuppertal lediglich in der Aufstellung einer Panzerdivision besteht.

Weitere, die Wuppertaler Gedenklandschaft ausdifferenzierende Gedenkobjekte stellen die Mahnmale vor dem Landgericht (zum Objekt) zu den so genannten Gewerkschaftsprozessen, die mit zu den größten Massenprozessen im NS-Deutschland gehörten, und eine Gedenktafel für den Kriminalbeamten Paul Kreber im Polizeipräsidium dar, der Sinti vor der Deportation 1943 rettete. Es ist eines der wenigen Erinnerungszeichen an die Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma im Rheinland (zum Objekt). Alleinstellungsmerkmal hat vorerst auch die Namenstafel am zentralen Mahnmal der Stadt. Sie verzeichnet zum ersten Mal in der BRD alle NS-Opfer auf einer Tafel, alphabetisch und nicht systematisch nach Opfergruppen sortiert (zum Objekt).

Ungewöhnlich und deshalb erwähnenswert sind mehrere Gedenkobjekte für deutsche Kriegsgefangene. Ein größeres steht im Schönebecker Wald (zum Objekt). Es ein schlichter Stein, an dem eine Tafel befestigt ist. Die Inschrift lautet: „Es mahnen die Kriegsgefangenen von Barmen-Rott, vergesst uns nicht!“ Das Relief, das einen mit drei Wachtürmen begrenzten Lagerzaun zeigt, gehört zur typischen Gedenkikonografie der deutschen Kriegsgefangenen der damaligen Zeit. Es gehört zu den wenigen Gedenkobjekten zur Thematik im Rheinland, die noch überliefert sind.

Hans Hesse

 

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